Presse Für Arbeitgeber
Veröffentlicht am: 24.07.2024 | Bearbeitet am: 28.08.2024 | Autor: A. Bogen

Gendern im Öffentlichen Dienst: Formen, Regeln und Hürden geschlechtergerechter Sprache

Gendergerechte Sprache im öffentlichen Dienst - ein Thema, das immer mehr an Relevanz (oder "Sprengkraft") gewinnt. In einer Zeit, in der Gleichberechtigung und Inklusion großgeschrieben werden, steht der öffentliche Dienst vor der Herausforderung, eine Sprache zu nutzen, die alle Geschlechter gleichermaßen anspricht. Diese Auseinandersetzung betrifft vor allem Führungskräfte, Mitarbeiter und Interessierte in öffentlichen Institutionen, die sich für eine gerechte und respektvolle Kommunikation einsetzen möchten.

In diesem Beitrag erfahren Sie, was Gendern bedeutet und warum es gerade heute so wichtig ist. Sie erhalten einen Überblick über die verschiedenen Formen des Genderns, von Doppelnennungen über das Gendersternchen bis hin zu neutralen Formulierungen. Zudem beleuchten wir die unterschiedlichen Regeln und Empfehlungen auf Bundes- und Landesebene sowie die Positionen und Praxisbeispiele aus anderen europäischen Ländern. Lesen Sie weiter und Sie erhalten nicht nur ein fundiertes Verständnis für die Bedeutung und Umsetzung gendergerechter Sprache, sondern auch wertvolle Praxisbeispiele und Handlungsempfehlungen, die Ihnen helfen, Unsicherheiten zu beseitigen und eine einheitliche Anwendung zu fördern. Entdecken Sie, wie der öffentliche Dienst als Vorbild vorangehen kann und Sprache zu mehr Gleichberechtigung und Respekt beitragen kann. 

Was bedeutet Gendern und warum ist das wichtig?

Gendern bezeichnet den bewussten Einsatz von Sprache, um alle Geschlechter gleichermaßen anzusprechen. Es geht darum, eine inklusive Sprache zu verwenden, die Männer, Frauen und nicht-binäre Personen gleichermaßen berücksichtigt. Durch das Gendern sollen Stereotype und Ungleichheiten in der Sprache vermieden werden, um eine gerechte und respektvolle Kommunikation zu fördern.

Gendern ist in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus gerückt, weil es als Schritt in Richtung Gleichberechtigung dienen soll. In einer immer vielfältiger werdenden Gesellschaft ist es entscheidend, dass sich alle Menschen angesprochen und respektiert fühlen. Das Gendern soll dazu beitragen, Diskriminierung zu vermeiden und ein Bewusstsein für die Vielfalt der Geschlechter zu schaffen. Soweit zumindest die Theorie.

Formen des Genderns

Um eine geschlechtersensible Sprache im öffentlichen Dienst umzusetzen, gibt es verschiedene Methoden. In diesem Abschnitt widmen wir uns daher den gängigsten Formen des Genderns.

Das generische Maskulinum

Das generische Maskulinum verwendet männliche Formen als Oberbegriff für alle Geschlechter. Beispiel: „Mitarbeiter“ statt „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“.

Buchstabenkürzel m/w/d

Vor allem in Stellenanzeigen findet man oft die Abkürzung m/w/d. Diese steht für männlich/weiblich/divers und soll zum Ausdruck bringen, dass sich die Ausschreibung an alle Geschlechter richtet.

Doppelnennungen

Doppelnennungen nennen beide Geschlechter ausdrücklich. Beispiel: „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ oder „Kolleginnen und Kollegen“.

Gendersternchen, Unterstrich und Doppelpunkt  

Diese Zeichen werden innerhalb von Wörtern verwendet, um alle Geschlechter einzubeziehen. Beispiele: „Mitarbeiter*innen“, „Mitarbeiter_innen“ oder „Mitarbeiter“.

Neutrale Formulierungen

Neutrale Formulierungen vermeiden geschlechtsspezifische Begriffe. Beispiele: „Teammitglieder“ oder „Beschäftigte“. 

Regeln und Empfehlungen

Gendern im Alltag des öffentlichen Dienstes unterliegt verschiedenen Regelungen und Empfehlungen. Wir haben uns deshalb auch noch die entsprechenden Vorgaben auf Bundesebene für Sie angesehen und herausgearbeitet, welche Unterschiede es zwischen den Bundesländern gibt.

Gendern auf Bundesebene

Auf Bundesebene gibt es keine einheitlichen Vorgaben zum Gendern. Jede Behörde kann eigene Richtlinien und Empfehlungen festlegen. In offiziellen Dokumenten wird oft noch das generische Maskulinum verwendet, jedoch gibt es Bestrebungen, inklusivere Sprachformen zu fördern.

Gendern in den Bundesländern

Die Regelungen zum Gendern variieren zwischen den Bundesländern. Einige Länder haben klare Richtlinien und verpflichten ihre Behörden zur geschlechtersensiblen Sprache, während andere dies lediglich empfehlen.

Gendern in Stellenanzeigen 

Für Stellenausschreibungen gelten die Regeln des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). Ziel des Gesetzes ist es, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen. Bis auf wenige Ausnahmen müssen sich Stellenausschreibungen deshalb an alle Geschlechter richten und entsprechend formuliert sein.

Leitfäden und Empfehlungen

Viele Bundesländer und Kommunen bieten Leitfäden und Schulungen zum Thema Gendern an. Diese enthalten konkrete Vorschläge und Beispiele, wie eine gendergerechte Sprache im Arbeitsalltag umgesetzt werden kann. Solche Empfehlungen sollen helfen, Unsicherheiten zu beseitigen und eine einheitliche Anwendung zu fördern. 

Positionen zum Gendern

Die aktuelle Diskussion wird von verschiedenen Positionen geprägt. Befürworter sehen im Gendern einen wichtigen Schritt zur Gleichberechtigung, da es alle Geschlechter sichtbar macht und Diskriminierung vermeidet. Kritiker hingegen bemängeln die Komplexität und Künstlichkeit der gendergerechten Sprache und befürchten, dass sie von wichtigen gesellschaftlichen Problemen ablenkt.

Wir meinen: Ein neutraler Standpunkt erkennt sowohl die Vorteile als auch die Herausforderungen des Genderns an und plädiert für eine ausgewogene Nutzung von gendergerechten Formulierungen, die praktikabel und effektiv sind. 

Das sagen die Befürworter 

Befürworter des Genderns argumentieren, dass eine inklusive Sprache zu mehr Gleichberechtigung beiträgt. Sie sehen das Gendern als wichtigen Schritt, um alle Geschlechter sichtbar zu machen und Diskriminierung zu vermeiden. Für sie ist die gendergerechte Sprache ein Zeichen von Respekt und Anerkennung der Vielfalt in der Gesellschaft. 

Kritiker führen folgende Argumente ins Feld 

Kritiker bemängeln, dass das Gendern die Sprache verkompliziert und unnatürlich wirkt. Sie sehen darin eine übertriebene politische Korrektheit und befürchten, dass der Fokus auf Sprachregelungen von wichtigen gesellschaftlichen Problemen ablenkt. Zudem argumentieren sie, dass die Mehrheit der Bevölkerung sich durch das Gendern nicht angesprochen fühlt.

Neutraler Standpunkt

Ein neutraler Standpunkt erkennt sowohl die Vorteile als auch die Herausforderungen des Genderns an. Diese Position sieht die Notwendigkeit einer inklusiven Sprache, betont jedoch auch die Bedeutung von Verständlichkeit und Lesefluss. Vertreter dieser Ansicht plädieren für eine ausgewogene Nutzung von gendergerechten Formulierungen, die praktikabel und effektiv sind.

Anforderungen und Herausforderungen an das Gendern im Öffentlichen Dienst

Im öffentlichen Dienst ist die Frage des Genderns besonders wichtig, da dieser Bereich eine Vorbildfunktion einnimmt. Die Herausforderung besteht darin, alle Vorgaben zu erfüllen und gleichzeitig eine klare und verständliche Kommunikation zu gewährleisten. Häufig fehlen jedoch einheitliche Richtlinien, was Unsicherheit bei der Umsetzung schafft.

Praxisbeispiele und Regelungen aus den Bundesländern

  • Baden-Württemberg: Hier gibt es aktuell keine verbindlichen Vorgaben zum Gendern, jedoch Empfehlungen, geschlechtergerechte Sprache zu verwenden. Es wird eine Mischung aus gendergerechten und neutralen Formulierungen empfohlen, um die Verständlichkeit zu wahren und die männlichen und weiblichen Schreibweisen zu umgehen.
  • Bayern: Gendern ist in staatlichen Behörden, Schulen und Hochschulen seit einiger Zeit verboten, es "herrscht" das generische Maskulinum. Die Verwendung von Sonderzeichen wie Gendersternchen, Doppelpunkt, Gender-Gap oder Mediopunkt ist ausdrücklich nicht erlaubt. Diese Regelung wurde durch eine Anpassung der Allgemeinen Geschäftsordnung (AGO) festgelegt​.
  • Berlin: In Berlin werden in offiziellen Dokumenten bevorzugt gendergerechte Formulierungen verwendet. Leitfäden empfehlen neutrale Formulierungen und Paarformen für die Verwendung im öffentlichen Dienst.
  • Hessen: In Hessen ist das Gendern in der Landesverwaltung und anderen staatlichen Institutionen wie Schulen und Universitäten verboten. Es wird eine Orientierung an den Empfehlungen des Rats für deutsche Rechtschreibung gefordert.
  • Nordrhein-Westfalen: Das Landesgleichstellungsgesetz (LGG) setzt auf die Beseitigung geschlechtsbezogener Benachteiligungen und die Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Gendergerechte Sprache wird empfohlen, amtliche Vorgaben für die Gleichstellung in Wort und Schrift fehlen jedoch (noch)​.

Gendern in anderen europäischen Ländern 

Gendern in der Schweiz 

In der Schweiz gibt es spezifische Leitfäden zur geschlechtergerechten Sprache, die in den Bundesbehörden verbindlich sind. Diese Leitfäden empfehlen neutrale Formulierungen und Paarformen, um alle Geschlechter einzubeziehen und diskriminierende Strukturen abzubauen. Die Umsetzung kann je nach Kanton und Institution variieren​.

So wird in Frankreich gegendert

Frankreich hat eine konservative Haltung zum Gendern. Die Académie Française lehnt Gendersprache größtenteils ab, und offizielle Dokumente bleiben weitgehend ungeändert. Es gibt jedoch Bestrebungen, geschlechtsneutrale Formulierungen zu verwenden, um eine inklusive Sprache zu fördern. 

Gendern-Regeln in Italien 

In Italien gibt es keine verpflichtenden Regeln zum Gendern, jedoch Empfehlungen, insbesondere an Universitäten und staatlichen Institutionen. Oft werden Doppelnennungen oder geschlechtsneutrale Begriffe verwendet, um eine inklusive Sprache zu unterstützen. 

Spanien fördert das Gendern 

Spanien fördert aktiv die Nutzung von Gendersprache in staatlichen Dokumenten und Institutionen. Es werden häufig Doppelnennungen und neutrale Formulierungen genutzt. Einige Regionen haben spezifische Leitfäden und Vorgaben, die die gendergerechte Sprache fördern​.

Gendern in Portugal

In Portugal gibt es mehrere Gesetze und Strategien zur Förderung der Geschlechtergleichstellung, darunter auch Maßnahmen zur sprachlichen Gleichbehandlung in staatlichen Institutionen. Öffentliche Dokumente nutzen oft Doppelnennungen oder neutrale Begriffe, um eine inklusive Sprache zu fördern.

Österreich gendert ebenfalls... ein wenig

In Österreich wird in vielen öffentlichen Dokumenten eine geschlechtsneutraler Sprache verwendet. Dies beinhaltet die Nutzung von Doppelnennungen und neutralen Formulierungen. 

Gendern im Baltikum

Die Regelungen im Baltikum variieren stark:

  • Estland: Es gibt keine festen Vorgaben zum Gendern, jedoch werden geschlechtsneutrale Formulierungen zunehmend genutzt, um eine inklusive Sprache zu fördern.
  • Lettland: Lettland fördert aktiv die Nutzung Gendersprache, insbesondere in offiziellen Dokumenten.
  • Litauen: Litauen hat ebenfalls keine festen Vorgaben zum Gendern.  

Und in Polen? 

In Polen gibt es keine verbindlichen Regeln zum Gendern. Die Verwendung geschlechtersensibler Sprache ist selten und wird in offiziellen Dokumenten meist vermieden.

Zusammenfassung der wichtigsten Punkte

Gendergerechte Sprache ist ein bedeutendes Thema im öffentlichen Dienst. Es gibt unterschiedliche Ansätze und Regelungen auf Bundesebene und in den einzelnen Bundesländern. Während einige Länder wie Bayern Gendern verbieten, setzen andere wie Berlin und Hamburg auf verbindliche Leitfäden und Schulungen. In Europa zeigen Länder wie Spanien und Lettland aktive Bemühungen zur Förderung gendergerechter Sprache, während Frankreich und Polen eher konservativ sind und gendergerechte Sprache weitgehend ablehnen.

Einheitliche Regelungen fehlen oft, was Unsicherheiten bei der Umsetzung verursacht. Befürworter sehen im Gendern einen wichtigen Schritt zur Gleichberechtigung, während Kritiker die Sprache als kompliziert und unnatürlich empfinden. Der öffentliche Dienst hat eine Vorbildfunktion und steht vor der Herausforderung, klare und verständliche Kommunikation mit gendergerechter Sprache zu vereinbaren. 

Zukunft des Genderns im öffentlichen Dienst 

Die Zukunft des Genderns im öffentlichen Dienst wird durch gesellschaftliche Entwicklungen und politische Entscheidungen geprägt sein. Es ist zu erwarten, dass der Druck zur Nutzung geschlechtersensibler Sprache weiter zunehmen wird, unterstützt durch neue Leitfäden und Schulungen. Gleichzeitig werden Diskussionen über die Praktikabilität und Akzeptanz solcher Maßnahmen fortgesetzt, wobei sowohl Fortschritte als auch Widerstände zu erwarten sind. 

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